
Jürg Nänni war zwischen 1979 und 2014 in verschiedenen Positionen als Lehrer und Forscher an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) in Brugg tätig. Hier entdeckte er die Welt der Bilder und Farben, die er nach mathematischen Regeln mit dem Computer entwickelte. Hier war der Ort für die kreative Zusammenarbeit mit seinen Kollegen Hans Knuchel, Peter Bosshard Schneider und Walter Schmidli, woraus ab 1999 das Labor für Gestaltung zwischen Kunst und Technik blelb entstand.
Mathematik und Kunst
Jürg Nänni begann nach seiner Ausbildung als Physiker an der ETH zuerst – zusammen mit Hans Knuchel – mit den drei Grundfarben Blau-Gelb-Rot sowie Schwarz und Weiss zu experimentieren. 1991 zeigten sie das Ergebnis der ersten Arbeitsphase als Buch BLAU. GELB. ROT. Darin sind einerseits streng geometrische Farbbilder und andererseits Bilder mit feinen chaotischen Mustern, die durch Zufallsgeneratoren geschaffen wurden. Jürg und Hans interessierten sich für spezielle Farbeffekte:
- der Bezold-Effekt, der die Erklärung dafür gibt, dass nebeneinanderliegende Farben sich in der Wahrnehmung verändern,
- der Neon-Effekt, bei dem die Wahrnehmung ein Bild im Hirn entstehen lässt, das so im Auge gar nicht vorhanden ist.
In einer zweiten Phase der Zusammenarbeit interessierten sie sich für dreidimensionale Bildeffekte, wie zwei ganz leicht unterschiedliche zweidimensionale Vorlagen im Hirn zu einem dreidimensionalen Bild zusammengesetzt werden. Das Buch Seesaw von 1994 zeigt eine Reihe dieser Werke und erklärt deren Effekte.
In einer dritten Phase arbeiteten beide Künstler am Moiré-Effekt, der aus zwei übereinanderliegenden Gittern im Hirn eine scheinbare Bewegung auslöst. 1997 zeigten sie dazu eine grosse Schau in der Halle des Hallerbaus an der FHNW in Brugg. Mit seinen Bildern veröffentlichte Jürg Nänni 1997 das Buch … und brich dir ja kein bein …
In der vierten Phase arbeitet Jürg Nänni im Wesentlichen allein. Einerseits entwarf er in jahrelanger Arbeit sein Opus Magnum Visuelle Wahrnehmung, dass im Jahr 2008 erschien. Anderseits sprengte er seine enge Palette der drei Grundfarben und begann ein breites chromatisches Spektrum zu nutzen. Gleichzeitig explodierte die bisherige orthogonale Bildgeometrie und machte Platz für Spiral-, Wellen-förmige und freie Anordnungen von überraschenden Strukturen im Bild.
Jürg Nänni hat an der FHNW am 9. Dezember 2012 einen Vortrag über «Visuelle Wahrnehmung» gehalten. Hier auf Youtube: https://youtu.be/I7y4UM2JysI?si=LpO8-E7ST85bBwLT